Diese Tage ziehen Kreise

Tropfend und noch trunken steigt der Tag an Land
und wartet mit dem Morgengrauen Hand in Hand
auf das erste Sonnenlicht
allein dies hat die schöne Pflicht
die Nebel zu vertreiben, die die Nacht erfand

Mit eingelegten Rudern zieh ich meine Bahn
Tage tropfen in die Tiefe, steuerlos vertan
kaum begreifend ihren Sinn
daß auch sie diese Kreise ziehn
und sich in Tage wandeln, die sich zärtlich nahn

 Am Morgenhimmel blüht noch die Unendlichkeit
im hingehauchten Licht zerrinnt mir Lieb und Leid
wann denn lern ich zu verstehn
mit meinen Räumen umzugehn
um mit mir zu schmelzen, dumm und auch gescheit

Um wieviel mehr du leben kannst
in hellen neuen Tagen
wenn du dich nicht mehr hinter dir verschanzt
ohne dich selbst zu wagen

 Um wieviel mehr du hoffen kannst
wenn du dir selber traun willst
mit Mut dein Leben überspannst
und nicht nur fremden Plan füllst

Um wieviel mehr du lieben wirst
frei von Neid und Lügen
wenn du den Glauben an dich nicht verlierst
kannst du auch dir genügen

 

Ungesagtes, Ungetanes und Gedachtes

1. Wie oft denkst du dir:
ich möcht dir sagen, doch nicht hier
daß ich es gut find, wie du denkst und was du machst

Doch lieber keine Peinlichkeit
und den Gedanken schiebst du weit
vor dir her, bis er frierend von dir läuft

Das Ungesagte schwirrt im Raum
dein Gegenüber merkt es kaum
wie dein Gefühl sich immer mehr von deinem Mund trennt

Wenn dieser Zwang zu siegen scheint
die Weichheit wieder in dir weint
dann fühlst du, wie du Mauern baust um deine Triebe

2. Müde schleppt die alte Frau
sich zaghaft hoch, im U-Bahnbau
wen rührt es schon, daß sich die Welt für sie zu schnell dreht

Du fliegst und läufst an ihr vorbei
doch dann ists dir nicht einerlei
du drehst dich, willst ihr gerne tragen helfen

Doch Eile drängt, wer siegt in dir
die Masse spült dich durch die Tür
und Nichtgetanes klopft schon wieder in dir an

Wie gut, daß du dir helfen kannst
weil lieber du´s für morgen planst
welch Berg sich da wohl mittlerweile vor dir auftürmt

3. Fragend schwebst du in der Zeit
gar oft schiebt Unerklärbarkeit
sich zwischen dich und das, was man dich fühlen lehrte

Wie oft wurd es dir aufgetischt
daß man die Grenzen nicht verwischt
jetzt weiß ich: Denken heißt doch Überschreiten

Bin jetzt auf meinen Weg erpicht
aus Wahrheitstellern eß ich nicht
mehr, seit ich spür, wie Wahrheit schmecken müßte

Lieber helf ich Sisyphus
und geb mir dann den Abschiedskuß
denn Flügelspannen will ich nicht nur einmal


 

Farbenspiel

Ich grüß dich, hab dich lange nicht gesehn
ich fürchtete, ich müßte ohne dich bestehn
du strahlst genauso noch, wie damals, als du Abschied nahmst von mir
komm setz dich, bitte bleib ein wenig, geh nicht gleich von hier

Durch dich nur wird die Einsamkeit zum Traum
in deinem Beisein verklärt mir neuer Lebensmut den Raum
Du Zarte liebst nur den, der liebevoll sich nimmt
in deinen Armen spür ich, wie die Seele mich erklimmt

Ref. Du liebe Stille, mach dich öfter in mir breit
schenk mir dein Farbenspiel, mit dem du die Unendlichkeit
so bunt, so hoffnungsvoll und neu bemalst
kein Haß, kein Streiten mehr, wenn du in mir erstrahlst

Die Lust am Sein hast wieder du erweckt
du spielst die Saiten, die ich selbst vor mir versteckt
wer weiß, wie oft du von uns schreckst, wenn wir dir fremd erscheinen
wenn wir, vom Alltag aufgebläht, den eignen Trieb verneinen

Hand in Hand mit dir geb ich mich frei
„Ich denke, also bin ich“ und du zeugst mich neu
und wühl ich mir auch heute meine eigne, kühle Gruft
neu entbinden wirst du mich, im Tau in Morgenluft.

Ref. Du liebe Stille, mach dich öfter in mir breit . . . . . .